Optische Beeinträchtigung – das Argument des Vermieters
Ein häufiges Konfliktthema ist die optische Beeinträchtigung. Vermieter argumentieren oft, dass ein Katzennetz die Fassade „verschandelt“ oder das einheitliche Bild des Hauses stört . Gerade bei Häusern mit repräsentativer Außenansicht oder in Wohnanlagen mit bestimmtem Erscheinungsbild kann ein gespanntes Netz am Balkon als störend empfunden werden.
Tatsächlich haben Gerichte in mehreren Fällen dem Vermieter Recht gegeben, wenn die Netzinstallation das Aussehen des Gebäudes merklich beeinträchtigt hat. Ein Beispiel: Das Amtsgericht Augsburg entschied 2015, dass ein Mieter sein Katzennetz wieder entfernen musste, weil dadurch das Gesamtbild der Fassade erheblich gestört war . Die Richter sahen Fotos des Hauses und befanden, das Netz füge sich nicht harmonisch in das Erscheinungsbild ein – insbesondere da der Vermieter selbst im Haus wohnte und ein besonderes Interesse an einer ansehnlichen Außenfassade hatte . Ähnlich urteilte auch das Amtsgericht München in einem anderen Fall, in dem eine Katzenbesitzerin ihr Balkonnetz abbauen musste, weil es das Erscheinungsbild des Hauses beeinträchtigte .
Quelle: Mietrecht.tips
Quelle: Advocard
Andererseits gilt: Eine geringfügige optische Veränderung müssen Vermieter meist dulden, vor allem wenn andere vergleichbare Elemente am Haus vorhanden sind. Ist das Katzennetz also dezent (etwa transparent oder farblich unauffällig) und reiht sich in ein ohnehin uneinheitliches Fassadenbild ein, schwächt das das Argument der „Verschandelung“. So wurde etwa festgestellt, dass ein Netz, das mit bloßem Auge kaum zu erkennen ist und an einem Gebäude mit ohnehin unterschiedlich gestalteten Balkonen hängt, keine erhebliche Beeinträchtigung darstellt . Kurzum: Je weniger das Katzennetz ins Auge fällt, desto schwieriger wird es für den Vermieter, allein mit dem Optik-Argument ein Verbot zu begründen.
Mietvertragliche Regelungen – was zählt wirklich?
Oft finden sich im Mietvertrag bereits Klauseln, die relevant sein können. Viele Standard-Mietverträge enthalten Bestimmungen, wonach bauliche Veränderungen oder Installationen an der Außenfassade der vorherigen Zustimmung des Vermieters bedürfen . Solche Klauseln sind in der Regel wirksam – der Balkon gehört zwar zur Mietsache, aber die Außenwand und Fassade sind Teil des Gebäudes und damit Eigentum des Vermieters . Ein Vermieter kann also vertraglich festhalten, dass z. B. Markisen, Satellitenschüsseln oder eben Netze nur mit Erlaubnis angebracht werden dürfen.
Wichtig ist jedoch zu prüfen, wie eine solche Klausel formuliert ist. Allzu pauschale Verbote sind nämlich unter Umständen unwirksam. Ein generelles Verbot der Tierhaltung (z. B. „Katzen und Hunde verboten“) im Mietvertrag wird von Gerichten oft als unzulässige Benachteiligung des Mieters angesehen und ist in vielen Fällen nicht durchsetzbar. Stattdessen ist meist eine Einzelfall-Abwägung gefragt. Katzen fallen nicht in die Kategorie der „Kleintiere“ (wie Hamster oder Ziervögel), sodass ihre Haltung üblicherweise der Zustimmung bedarf – aber pauschal verbieten kann der Vermieter sie nicht ohne Weiteres. Wenn im Vertrag das Halten einer Katze ausdrücklich erlaubt ist, dann spricht einiges dafür, dass auch das Katzennetz erlaubt sein sollte . Schließlich dient es ja dem sicheren Auslauf des Tieres auf dem Balkon und somit dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache .
Im Endeffekt zählt also, was im Mietvertrag steht und welche konkreten Auswirkungen das Katzennetz hat. Ist die Katzenhaltung erlaubt und das Netz ohne Substanzschäden installierbar, hat der Mieter gute Karten . Steht hingegen ausdrücklich im Vertrag, dass keinerlei Installationen an Balkon oder Fassade ohne Zustimmung erfolgen dürfen, sollte man diese Regel ernst nehmen – sonst riskiert man eine Abmahnung wegen vertragswidrigen Gebrauchs.
Gerichtsurteile zum Thema Katzennetz
Wie die unterschiedlichen Interessen von Mietern und Vermietern in der Praxis abgewogen werden, zeigt ein Blick auf einige Gerichtsurteile. Die Rechtsprechung ist uneinheitlich – teils wurden Katzennetze erlaubt, teils untersagt. Hier einige Beispiele aus der Gerichtspraxis:
Urteile zugunsten von Katzennetzen
• AG Berlin Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 24.09.2020) – In diesem vielbeachteten Fall musste die Vermieterin das Katzennetz dulden . Die Mieterin hatte eine genehmigte Wohnungskatze, und das Gericht befand, dass ein Netz am Balkon zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung gehört, sofern es ohne baulichen Eingriff angebracht wird . Entscheidend war, dass das Netz mit Klemmstangen befestigt werden konnte, also ohne in die Bausubstanz zu bohren, und dass elf andere Balkone im selben Haus bereits mit Katzennetzen ausgestattet waren . Dadurch fehlte es an einer nennenswerten optischen Beeinträchtigung, und die Richter hoben hervor, dass der Balkonzugang der artgerechten Katzenhaltung dient . Ergebnis: Die Vermieterin musste das Anbringen des Netzes erlauben.
Quelle Urteile.news
• AG Köln (Urteil vom 10.04.2013, Az. 222 C 227/01) – Auch hier entschied das Gericht pro Mieter: Der Vermieter durfte das bereits installierte Katzennetz nicht entfernen lassen. Das Netz war mit einer Konstruktion an der Balkonbrüstung befestigt, ohne die Bausubstanz zu verletzen, und war von unten kaum sichtbar . Zudem war die Hausfassade ohnehin uneinheitlich gestaltet (unterschiedliche Bepflanzungen und Geländerfarben auf den Balkonen) . In so einem Fall, so das Gericht, stellte das Katzennetz weder eine Substanzverletzung noch eine erhebliche optische Störung dar – folglich bestand kein Anspruch des Vermieters auf Entfernung .
Quelle: Urteile.news
Urteile gegen Katzennetze
• AG Augsburg (Urteil vom 28.11.2014, Az. 72 C 4756/14) – In diesem Fall unterlag der Mieter: Er hatte ein Katzennetz mittels Holzrahmen auf seinem Balkon angebracht, allerdings ohne den Vermieter zu fragen. Der Vermieter – der im selben Haus wohnte – fühlte sich durch den Anblick gestört und klagte auf Entfernung . Das Gericht gab dem Vermieter Recht: Die Konstruktion beeinträchtigte das Gesamtbild der Fassade erheblich und hätte vorher genehmigt werden müssen . Weil der Mieter keine Erlaubnis eingeholt hatte, wertete das Gericht das eigenmächtige Anbringen als vertragswidrigen Gebrauch. Der Mieter musste das Netz abbauen; das Urteil ist rechtskräftig.
• AG Berlin-Neukölln (Urteil vom 12.04.2012, Az. 10 C 456/11) – Hier wollte ein Mieter ein Katzennetz an einer selbstgezimmerten Holzkonstruktion auf dem Balkon befestigen – bohren musste er dafür nicht. Dennoch untersagte der Vermieter die Installation. Das Amtsgericht bestätigte die Position des Vermieters: Das Netz verändere die Außenansicht des Gebäudes und stelle daher eine zustimmungspflichtige bauliche Veränderung dar . Ohne Einwilligung des Vermieters durfte der Mieter das Netz also nicht anbringen. Dieses Urteil zeigt, dass selbst bei rückstandsloser Befestigung ein Netz unzulässig sein kann, wenn es optisch stark in Erscheinung tritt.
Diese Beispiele verdeutlichen, welche Argumente in Gerichtsverfahren eine Rolle spielen. In den pro-Katzennetz-Urteilen standen Tierwohl und der vertragsgemäße Mietgebrauch im Vordergrund – die Gerichte betonten, dass der Katze ein sicherer Balkonplatz ermöglicht wird, ohne dass Nachbarn gestört oder die Mietsache beschädigt wird . In den kontra-Urteilen gaben ästhetische Gesichtspunkte und Regelverstöße den Ausschlag – wo das Netz das Hausbild dominierte oder der Mieter ohne Erlaubnis handelte, hatten Vermieter deutlich bessere Karten .
Tipps für Mieter
Für Mieter, die ihren Balkon katzensicher machen wollen, hier einige Praxis-Tipps zum Vorgehen:
• Einvernehmen suchen: Der erste Schritt sollte immer sein, das Gespräch mit dem Vermieter zu suchen. Offene Kommunikation kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Erkläre, warum dir das Katzennetz wichtig ist (Sicherheit und Wohlbefinden deiner Katze) und betone, dass du verantwortungsvoll vorgehst.
• Erlaubnis einholen: Hol dir vor der Installation eine schriftliche Erlaubnis ein. Schilder genau, wie du das Netz befestigen möchtest (am besten ohne Bohren, z. B. mit Klemmstangen) und füge ggf. Fotos oder Skizzen bei. So kann der Vermieter sich ein Bild machen. Tipp: Weise darauf hin, dass das Netz bei Auszug rückstandslos entfernt wird.
• Argumente parat haben: Falls der Vermieter zögert, kannst du einige Argumente hervorbringen. Zum Beispiel: „Ohne Netz besteht Verletzungsgefahr für die Katze – und ein Absturz wäre sicher auch in niemandes Interesse.“ oder „Das Netz wird transparent/unauffällig sein und die Fassade nicht beschädigen.“ Falls in derselben Wohnanlage bereits andere Mieter ein Katzennetz haben, kannst du das als Präzedenzfall erwähnen (Gleichbehandlungsgrundsatz). Auch ein Hinweis auf Gerichtsurteile, die Mietern Katzennetze erlaubt haben, kann überzeugen – etwa, dass Gerichte ein Katzennetz als zulässigen Gebrauch sehen, wenn weder Haus noch Nachbarn beeinträchtigt werden .
• Kompromissbereitschaft zeigen: Biete dem Vermieter an, ein hochwertiges, kaum sichtbares Netz (z. B. dünnes, transparentes Nylon) zu verwenden, das optisch wenig ins Gewicht fällt. Gegebenenfalls kannst du auch zusichern, es nur saisonal anzubringen oder regelmäßig zu überprüfen, ob es ordnungsgemäß befestigt ist. Zeige, dass du bemüht bist, sowohl die Katze zu schützen als auch die Hausansicht nicht zu stören.
• Was tun bei kategorischem Nein? Bleibt der Vermieter strikt bei seiner Ablehnung, solltest du diese Entscheidung respektieren – zumindest vorerst. Nicht heimlich trotzdem montieren! Das wäre ein Vertragsbruch und könnte eine Abmahnung oder im schlimmsten Fall die Kündigung nach sich ziehen. Stattdessen kannst du Unterstützung beim Mieterschutzbund oder einem Anwalt suchen. Diese können einschätzen, ob sich ein rechtlicher Vorstoß lohnt. Mit professionellem Rat ließe sich prüfen, ob in eurem speziellen Fall eine Duldungspflicht des Vermieters argumentierbar ist. Allerdings: Ein Gerichtsprozess belastet das Mietverhältnis. Oft ist es klüger, eine gütliche Einigung anzustreben oder, falls alle Stricke reißen, nach anderen Lösungen zu suchen (z. B. Katzennetz innen am Fenster anbringen, Wohnungswechsel langfristig etc.).
Fazit
Ein Katzennetz kann das Leben einer Wohnungskatze deutlich bereichern – rechtlich ist das Thema aber etwas kompliziert. Pauschal erlaubt sind Katzennetze in Mietwohnungen nicht, doch unter bestimmten Bedingungen dürfen Mieter sie anbringen. Entscheidend ist, dass keine Schäden am Gebäude entstehen und die Optik des Hauses kaum beeinträchtigt wird . Mieter sollten immer zunächst den Vermieter um Erlaubnis fragen und ihre Vorgehensweise absprechen, um Konflikte zu vermeiden.
Letztlich lohnt es sich, im Sinne aller Beteiligten eine einvernehmliche Lösung zu finden. Wenn der Vermieter erkennt, dass das Katzennetz sauber installiert, unauffällig und im Interesse des Tierwohls ist, stehen die Chancen gut, dass er zustimmt. Wer diese Punkte beachtet und notfalls bereit ist, Kompromisse einzugehen, schafft für seinen Stubentiger ein sicheres Paradies auf dem Balkon – ohne gleich einen Rechtsstreit vom Zaun brechen zu müssen.
Quelle: Test.de